Welthunger: Wie tierische Produkte den Hunger in der Welt fördern

Millionen Menschen weltweit leiden Hunger, obwohl es genug Nahrung auf der Welt gibt, um die gesamte Menschheit zu ernähren. Es könnten sogar 12 bis 14 Milliarden Menschen ernährt werden, also mehr als die gesamte Menschheit. [1, 2] Welche Rolle spielt die Tierwirtschaft hierbei? Und kann eine vegane Lebensweise dem Welthunger entgegenwirken?

Inhalte im Überblick

Wann spricht man von Welthunger?

«Welthunger» beschreibt die Situation, dass Menschen weltweit aufgrund von Nahrungsmangel über einen längeren Zeitraum an Unter- oder Mangelernährung leiden. Es wird grundsätzlich zwischen drei Arten von Hunger unterschieden: akuter, chronischer und verborgener Hunger.

Chronischer Hunger bezeichnet den Zustand dauerhafter Unterernährung, bei dem der Körper weniger Nahrung aufnimmt, als er braucht. Diese Art von Hunger ist weltweit am weitesten verbreitet.

Unter «akutem Hunger» versteht man eine Unterernährung über einen abgrenzbaren Zeitraum (beispielsweise während Dürren oder Kriegen). Diese Form von Hunger trifft oft Menschen, die bereits unter chronischem Hunger leiden. [3] Die Zahl der akut an Hunger leidenden Menschen ist laut des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) von Anfang 2020 bis 2023 auf 345 Millionen gestiegen – 200 Millionen mehr als vor der Corona-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine. Die Auswirkungen der Klimakrise spielen hier ebenfalls eine grosse Rolle. [4]

Der verborgene Hunger wird als eine Form des chronischen Hungers verstanden, bei dem aufgrund von Nahrungsmangel und einseitiger Ernährung wichtige Nährstoffe fehlen. Die Folgen sind nicht zwingend sichtbar, führen aufgrund des Nährstoffmangels jedoch zu schweren Krankheiten bis hin zum Tod. Vor allem Kinder können sich dadurch psychisch und physisch nicht richtig entwickeln. [3]

Wie viele Menschen sterben weltweit an Hunger?

2021 litten weltweit 828 Millionen Menschen an chronischem Hunger [5], also etwa jeder zehnte Mensch. [6] Die genaue Zahl der Todesfälle durch Hunger lässt sich schwer erschliessen, da hier eine grosse Dunkelziffer vorliegt. Kinder sind als erstes von Hunger betroffen: Etwa alle dreizehn Sekunden stirbt weltweit betrachtet ein Kind unter fünf Jahren an den Folgen von Hunger – das sind über 6’600 Kinder jeden Tag. [7] Generell stirbt etwa alle vier Sekunden ein Mensch an Hunger, somit täglich etwa 21’600 Menschen. [8]

Hungriges Kind
Jeder zehnte Mensch litt 2021 an chronischem Hunger.

In welchen Ländern herrscht Hungersnot?

Circa 75 Prozent aller hungernden Menschen leben in ländlichen Regionen. [3] Durch den Welthunger-Index (WHI) wird die Hungersituation auf regionaler, nationaler und globaler Ebene erfasst und verfolgt. Jedoch liegen in einigen Ländern nicht genügend Daten vor, um den dortigen WHI zu berechnen. 2021 hat der WHI mit den vorhandenen Daten berechnet, dass in Südasien und in Afrika südlich der Sahara die schlechtesten WHI-Hungerwerte vorliegen, darunter Länder wie:

  • Burundi
  • Somalia
  • Südsudan
  • Syrien
  • Jemen
  • Zentralafrikanische Republik
  • Madagaskar
  • Demokratische Republik Kongo
  • Tschad

Dem WHI 2022 zufolge wurden in den letzten Jahren weltweit kaum Fortschritte bei der Bewältigung von Hunger erzielt – in vielen Regionen und Ländern hat sich die Situation sogar verschlechtert. Laut dem Bericht herrscht in 44 Ländern eine ernste oder sehr ernste Hungersituation. Es wird zudem befürchtet, dass bei Verfügbarkeit weiterer Daten mindestens ein Land, wenn nicht noch mehr, in die Kategorie gravierend fallen werden. [9]

Laut dem Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP) hat sich die Anzahl der Länder, in denen Menschen an Hunger leiden, innerhalb von zwei Jahren seit Beginn der Corona-Pandemie fast verdoppelt. Expert:innen warnen, dass die schlimmste humanitäre Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs droht. [4]

Was sind die Ursachen für den Welthunger?

Der vorherrschende Welthunger lässt sich auf verschiedene Faktoren zurückführen, zum Beispiel:

  • Armut
  • Kriege und bewaffnete Konflikte
  • Lebensmittelverschwendung der Industriestaaten
  • Naturkatastrophen
  • Wetterextreme
  • Corona-Pandemie
  • Globale Ungleichverteilung von Lebensmitteln
  • Klimakrise
  • Konsum von tierischen Produkten

Die vier letztgenannten Punkte werden von der Tierwirtschaft gefördert.

Warum steigt die Anzahl weltweit hungernder Menschen?

Wie zuvor aufgezeigt, wird der Welthunger unter anderem von Faktoren wie Armut, Krieg oder Naturkatastrophen begünstigt. Da sich diese Faktoren jedoch nicht verbessern, sondern kontinuierlich verstärken, leiden weltweit immer mehr Menschen an Hunger. Dennoch haben wir alle es in der Hand, dem Welthunger aktiv entgegenzuwirken – und zwar mit unserer täglichen Ernährung.

Wie wirkt sich der Klimawandel auf den Welthunger aus?

1. Die Klimakrise bedroht unsere Nahrungsproduktion

Prognosen zufolge werden bis 2050 zwischen 216 Millionen und 1,2 Milliarden Menschen ihre Heimatgebiete aufgrund der Klimakrise verlassen müssen. [10, 11] Beispielsweise besteht für Menschen in küstennahen Regionen eine akute Bedrohung durch Überflutungen aufgrund des Meeresspiegelanstiegs oder von starken Niederschlägen. Mit solchen Ereignissen verbunden ist auch die Zerstörung von Feldern und Ackerflächen sowie der Verlust von Ernteerträgen.

Auf der anderen Seite führen lang anhaltende Dürren und Hitzewellen zu Wassermangel, Waldbränden und Ernteausfällen – und damit zu unbewohnbaren Gebieten. Selbst in der Schweiz wurden die Folgen von Ernteausfällen, Hitzewellen und Niederschlagsmangel- oder überschuss in den letzten Jahren bereits deutlich spürbar.

2. Die Klimakrise führt zu höheren Lebensmittelpreisen

Diese klimabedingten Ereignisse machen den Anbau von Lebensmitteln zunehmend schwierig, was zu einem Anstieg der Nahrungsmittelpreise führt und das Ernährungsproblem weiter verstärkt. Dies wiederum hat dramatische Auswirkungen auf den Lebensraum und die Existenz vieler Menschen, deren einziger Ausweg im Versuch der Flucht liegt. Für alle, denen die finanziellen Mittel fehlen, um den widrigen Lebensbedingungen den Rücken zu kehren, oder die aufgrund von Alter oder Krankheit körperlich nicht zur Flucht in der Lage sind, stellt die Klimakrise eine besonders schlimme Situation dar.

Die Klimakrise verstärkt das Ernährungsproblem, da der Anbau von Lebensmitteln erschwert ist und daher Lebensmittelpreise steigen.

3. Die Klimakrise vergrössert die Kluft zwischen Arm und Reich

Einer Studie aus dem Jahr 2019 zufolge ist die Kluft zwischen ärmeren und reicheren Ländern heute um etwa ein Viertel grösser, als sie ohne die menschengemachte Erderwärmung wäre. [12] Die Hauptverantwortlichen für die globale Klimakrise sind grosse Industrienationen, die den Grossteil der klimaschädlichen Emissionen produzieren – darunter auch die Schweiz. Die klimatischen Folgen spüren jedoch mehrheitlich die unbeteiligten Länder – oftmals zusätzlich zu den Lasten, die ohnehin bereits vorherrschen.

2022 starben in Somalia ungefähr 43’000 Menschen an der durch die Klimakrise verursachten Dürre – etwa die Hälfte von ihnen waren Kinder unter fünf Jahren. Die Prognose der UNO deutet darauf hin, dass in Somalia im ersten Halbjahr des Jahres 2023 jeden Tag 135 Menschen aufgrund der Dürre den Hungertod sterben werden. Gleichzeitig verursacht Somalia aber weniger als 0,01 Prozent der weltweiten CO₂-Emissionen. [13]

Wie heizt die Tierwirtschaft die Klimakrise an?

Die landwirtschaftliche Tierhaltung – und damit der Konsum tierischer Produkte – ist eine der Hauptursachen für die grössten Umweltprobleme unserer Zeit. Die globale Tierwirtschaft verursacht mehr Treibhausgasemissionen als der gesamte Verkehrssektor. [14] Die fünf grössten Fleisch- und Milchkonzerne alleine erzeugen mehr Treibhausgasemissionen als multinationale Ölkonzerne. [15]

Ressourcenvergeudung und Regenwaldabholzung

Tierische Produkte erfordern im Vergleich zu pflanzlichen Erzeugnissen generell mehr Land, Ressourcen und Wasser und haben eine höhere CO₂-Bilanz. Butter beispielsweise gilt als klimaschädlichstes Nahrungsmittel, gefolgt von Rindfleisch auf Platz zwei, während Käse und Rahm den dritten Platz belegen. [16]

Die Entwaldung der Regenwälder steht in direktem Zusammenhang mit der landwirtschaftlichen Tierhaltung – unter anderem mit der Schweizer Tierwirtschaft. Denn hierzulande werden immense Mengen an Fleisch- und Milchprodukten produziert und konsumiert, wofür jedoch die erforderliche Tiernahrung wie Getreide und Soja nicht ausschliesslich in Europa angebaut werden kann. Deshalb müssen diese zum grossen Teil importiert werden – auch aus Regionen, in denen Menschen an Hunger leiden und selbst auf diese Nahrungsmittel angewiesen sind.

Brennender Regenwald
Aufgrund des hohen Konsums tierischer Produkte, reicht die Menge an Tiernahrung in Europa in aus und muss daher importiert werden.

Die Regenwaldabholzung erfolgt vorwiegend, um Anbauflächen für Tiernahrung und Weideflächen für Rinder – auch für die Lederindustrie – zu schaffen. Die Abholzung verhindert unter anderem die natürliche Produktion von lebensnotwendigem Sauerstoff sowie die Aufnahme und Speicherung von CO₂ durch die Bäume. Zudem fördert sie die Freisetzung von CO₂, was die Klimakatastrophe anheizt. [17] Der Einsatz von Pestiziden, vor allem im Anbau von Nahrung für sogenannte Nutztiere, verschärft diese Situation zusätzlich und treibt die Biodiversitäts- und Klimakrise deutlich voran.

Biofleisch ist nicht besser fürs Klima

Auch tierische Produkte aus der Bio-Produktion haben eine schlechte Ökobilanz. 2020 verdeutlichte eine Studie, dass die mit der Biofleisch-Produktion verbundenen Kosten für Klimaschäden ebenso hoch sind wie die der konventionellen Fleischproduktion. Zudem ergab die Analyse, dass selbst Fleisch mit den geringsten Auswirkungen auf das Klima deutlich umweltbelastender ist als die umweltschädlichsten pflanzlichen Lebensmittel. Sie betonte, dass Menschen, die das Klima und die Umwelt wirklich schützen möchten, auch keine tierischen Produkte aus der Bio-Produktion verzehren, sondern sich ausschliesslich von pflanzlichen Erzeugnissen ernähren sollten. [18]

Inwiefern hat die Corona-Pandemie den Welthunger verstärkt?

Auch die Corona-Pandemie hat den Welthunger angeheizt: Von 2020 auf 2021 stieg die Zahl der Hungernden einem UNO-Bericht zufolge um 1,5 Prozent. [19] Dies lag unter anderem daran, dass Menschen ihre Produkte aufgrund der Lockdowns nicht verkaufen konnten oder entlassen wurden und ihre Einkommensquelle verloren.

Auch war der Zugang zu Nahrungsmitteln in dieser Zeit teilweise erschwert. Dies lag unter anderem daran, dass die Anbauflächen verringert wurden und es zu Lieferschwierigkeiten zwischen Regionen und Ländern kam, auch bei Lebensmitteln. Pandemien wie COVID-19 stehen in engem Zusammenhang mit dem Konsum tierischer Produkte.

Warum begünstigt die Tierwirtschaft Pandemien?

In Agraranlagen, auf Tiermärkten und in Schlachthöfen werden Tiere in hoher Zahl auf engstem Raum zusammengepfercht. Sie fristen ein trauriges Dasein unter inakzeptablen Lebensbedingungen, meist inmitten ihrer eigenen Exkremente, bevor sie gewaltsam getötet werden.

Auch Mitarbeitende dieser Industriezweige sind von inhumaner Behandlung und Ausbeutung betroffen. Die Herstellung von Fleisch, Milch, Fischfleisch und Eiern steht mit einem erhöhten Infektionsrisiko in Verbindung. Bei 75 Prozent aller neu auftretenden Infektionskrankheiten handelt es sich um Zoonosen, also um Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden. [20]

Schweine in der Mast
Die Herstellung von Fleisch, Milch, Fischfleisch und Eiern steht mit einem erhöhten Infektionsrisiko in Verbindung.

Bereits 2004 benannte die Weltgesundheitsorganisation WHO die steigende Nachfrage nach tierischen Produkten als eine der Hauptursachen für die Entstehung von Zoonosen. [21] COVID-19, die Vogelgrippe H5N1, die SARS-Pandemie, MERS-CoV und die unzähligen Menschen, die multiresistenten Keimen zum Opfer fallen – sie alle haben einen gemeinsamen Nenner: die Nachfrage nach Fleisch, Milch, Fischfleisch und Eiern, verbunden mit der Ausbeutung von Wildtieren durch Jagd und Handel. [7]

Auch die Klimakrise wird von der Tierwirtschaft angefacht, denn sie begünstigt die Entstehung von Infektionskrankheiten zusätzlich.

Welchen Einfluss hat der Fleischkonsum auf den Welthunger?

Durch die Tierwirtschaft bzw. unseren Konsum von tierischen Produkten wie Fleisch, Fischfleisch, Milch oder Eiern wird der Welthunger unmittelbar verstärkt. Denn der Grossteil der weltweiten Ernten wird als Tiernahrung für die Tierwirtschaft statt für den direkten menschlichen Verzehr verwendet. Je mehr tierische Produkte wir konsumieren, desto weniger Menschen können wir ernähren, da die Ressourcen und Anbauflächen auf der Welt begrenzt sind.

Tiernahrung anstatt Brot: Fleisch, Milch und Co. benötigen riesige Flächen

Von allen global genutzten landwirtschaftlichen Flächen werden 83 Prozent für den Anbau von Tiernahrung und zur Schaffung neuer Weideflächen für die Tierwirtschaft beansprucht. Durch tierische Erzeugnisse werden jedoch weltweit nur 18 Prozent der Kalorien und 34 Prozent des Proteins bereitgestellt. [23] Bis zu 77 Prozent des weltweiten Sojas wird als Tiernahrung in der Tierwirtschaft und in Aquakulturen verwendet. [24, 25] Die Schweiz importiert rund 300‘000 Tonnen Soja jährlich. Dies entspricht einer Anbaufläche, die etwa dem in der Schweiz verfügbaren Ackerland entspricht. Somit benötigen wir für den Sojaanbau sozusagen eine zweite Schweiz im Ausland. 95 Prozent des Sojas, mit dem sogenannte Nutztiere in der Schweiz ernährt werden, stammen aus dem Ausland. [26]

Über die Hälfte der Weltgetreideernte wird als Tiernahrung für die Tierwirtschaft verwendet. [27] Millionen von Menschen, vor allem im globalen Süden, sind jedoch auf Getreide als Hauptnahrungsmittel angewiesen. In der EU fliessen rund zwei Drittel des angebauten Getreides als Tiernahrung in die Tierwirtschaft. [28] In der Schweiz wurden 2017 über 50 Prozent des im Inland erzeugten Getreides als Tiernahrung in der landwirtschaftlichen Tierhaltung eingesetzt – anstatt direkt von Menschen konsumiert zu werden. [29]

83 Prozent wird für den Anbau von Tiernahrung und zur Schaffung neuer Weideflächen für die Tierwirtschaft beansprucht.

Jede tierische Kalorie entspricht 5-30 pflanzlichen Kalorien

Eine durchschnittliche erwachsene Person verbrennt jeden Tag circa 2’000 Kalorien. Von der aufgenommenen Nahrung wird nur ein Bruchteil der Kalorien angesetzt, da der restliche Teil der Energie beispielsweise für die Aufrechterhaltung der Körpertemperatur oder für den Stoffwechsel verbraucht wird. Dieses Prinzip gilt aber nicht nur beim Menschen: Tiere, die für den menschlichen Konsum gezüchtet und später getötet werden, brauchen also eine erhebliche Menge an Nahrung, bis sie «schlachtreif» sind oder für den Erzeugungsbetrieb wirtschaftlich Milch und Eier produzieren. Hierfür wird unter anderem Nahrung wie Getreide und Soja(-schrot) verwendet, die vom Menschen direkt verzehrt werden könnte, anstatt den Umweg über den Tiermagen zu machen.

Für die «Produktion» einer einzigen tierischen Kalorie sind je nach Tierart 5-30 pflanzliche Kalorien in Form von Tiernahrung erforderlich. Für eine Kalorie aus Rindfleisch sind beispielsweise 10 Kalorien aus Getreide erforderlich – und 90 Prozent der Nahrungsenergie wird verschwendet. [30] Laut dem Oxford-Wissenschaftler Springmann «ist es immer effizienter, das, was man anbaut, direkt zu essen, statt es als Tiernahrung für die Tierwirtschaft zu verwenden». [31]

Auch Kriege bedrohen die Ernährungssicherheit langfristig

Der Krieg in der Ukraine verdeutlicht das Ungleichgewicht bei der globalen Nahrungsmittelverteilung: In Regionen wie Nordafrika führen der kriegsbedingte Engpass bei Mais und Weizen und der damit einhergehende Preiskampf zu Problemen in der Lebensmittelversorgung und damit zur Hungersnot von Menschen. Viele Länder können aufgrund der Blockade an Häfen und des enormen Preisanstiegs von Getreide auf dem Weltmarkt nicht mit den erforderlichen Lebensmitteln versorgt werden, etwa mit Weizen. In Europa hingegen wird diskutiert, wie sogenannte Nutztiere trotz des vorherrschenden Engpasses beim Bezug dieser Rohstoffe weiterhin für die «Produktion» von Fleisch und anderen tierischen Erzeugnissen gemästet werden können.

Der Konsum von Fischfleisch und Insekten ist nicht die Lösung für den Welthunger

Der Fischfang fordert Milliarden Opfer und belastet die Umwelt

Die Fischerei leert unsere Ozeane und verursacht immenses Leid für Milliarden schmerzempfindlicher Tiere. Zudem hinterlässt sie ein verwüstetes Ökosystem, was die Klimakrise befeuert, die durch Trockenperioden und Überschwemmungen wiederum zum Welthunger beiträgt. Eine Studie kam zu dem Schluss, dass die Schleppnetzfischerei klimaschädlicher ist als der weltweite Flugverkehr. [32]

Viele Fischarten und lokale Populationen weltweit gelten bereits als vom Aussterben bedroht. [33] Die Zucht von Fischen in Aquakulturen ist jedoch keine Alternative: Sie verursacht ebenfalls millionenfaches Tierleid und verstärkt die Problematik der Überfischung, denn für die Produktion von einem Kilogramm «Zuchtfisch» werden mehrere Kilogramm «Wildfisch» benötigt.

Der Verzehr von Insekten verschwendet Ressourcen

Auch die Nutzung von Ameisen, Grillen, Heuschrecken oder anderen Insekten als Proteinquellen stellt keine Lösung dar, um dem Welthunger entgegenzuwirken. Milliarden von Insekten müssten getötet und durch die halbe Welt transportiert werden. Soja müsste als Tiernahrung importiert werden. [34] Viele Insektenarten bieten zudem weniger bioverfügbares Protein wie etwa Sojaprotein [35]. Ausserdem erfordert die Zucht von Insekten viel Energie. [36] Pflanzliche Proteine hingegen sind ressourcenschonender: Sie müssen keinen Umweg durch den Magen eines anderen Lebewesens machen, um als Proteine für Menschen verfügbar zu sein.

Das Insektensterben bedroht bereits Ökosysteme

75 Prozent aller fliegenden Insekten sind innerhalb der letzten 27 Jahre verschwunden. [37] Insekten wie Wildbienen und Schmetterlinge sind für unser Überleben jedoch unverzichtbar, da sie zu den Hauptbestäubern gehören. Insekten für den menschlichen Verzehr zu fangen, würde das Problem nicht lösen, sondern nur verschlimmern. Die Massenzucht dieser Tiere könnte das ohnehin durch den Menschen angeschlagene Ökosystem zusätzlich aus dem Gleichgewicht bringen.

Statt tierische Produkte aus Insekten oder anderen Tieren zu verzehren, können wir unsere Proteine und alle wichtigen Nährstoffe problemlos über eine ausgewogene vegane Ernährung erhalten. Es ist nicht notwendig, Lebewesen zu töten, um unseren Nährstoffbedarf zu decken, da uns Pflanzen ausreichend versorgen können.

Kann die vegane Lebensweise helfen, den Hunger in der Welt zu bekämpfen?

Eine vegane Lebensweise alleine kann den Welthunger nicht lösen – doch der Hunger in der Welt kann ohne die pflanzliche Ernährung nicht beendet werden. Der Welthunger ist ein multidimensionales Problem, das eine vielschichtige Lösung erfordert. Die landwirtschaftliche Tierhaltung wirkt sich auf jede dieser Dimensionen aus.

Ein Ende der Tierwirtschaft könnte die Entstehung von Zoonosen deutlich reduzieren, einen erheblichen Beitrag gegen Umweltzerstörung und -verschmutzung leisten und der Klimakrise effektiv entgegenwirken. All dies sind Faktoren, die den Welthunger enorm anheizen. Darüber hinaus schützt eine vegane Lebensweise zahllose Pflanzen- und Tierarten, fördert die menschliche Gesundheit, stellt mehr Wasser für den menschlichen Konsum zur Verfügung, verhindert den Verlust von Lebensräumen und vermeidet immenses Tierleid.

Schwein in der Mast
Eine vegane Lebensweise bringt Vorteile für das Klima, die Gesundheit der Menschen und verhindert Tierleid.

Ist es möglich, die Welt vegan zu ernähren?

Eine Studie kam zu dem Schluss, dass der weltweite Flächenverbrauch in der Landwirtschaft um 75 Prozent reduziert werden könnte, wenn sich alle Menschen vegan ernähren würden. Diese starke Verringerung der landwirtschaftlichen Fläche liesse sich erzielen, weil weniger Land für Weideflächen und den Anbau von Tiernahrung für die Tierwirtschaft benötigt würde. Die Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass es möglich ist, mit den vorhandenen Anbauflächen alle Menschen auf der Welt mit einer nahrhaften Ernährung zu versorgen, wenn es zu einer umfassenden Umstellung auf eine pflanzliche Ernährung kommt. [23]

Einer Studie aus den USA zufolge benötigt die «Produktion» von vier Gramm Rindfleisch eine Fläche, auf der 100 Gramm pflanzliche Nahrung mit vergleichbarem Protein- und Kaloriengehalt angebaut werden könnte. Diese Differenz von 96 Gramm kann als Verlust betrachtet werden. Bei Schweinefleisch beträgt der Verlust 90 Prozent, bei Milchprodukten 75 Prozent, bei Hühnerfleisch 50 Prozent und bei Eiern 40 Prozent.

Die Forschenden berechneten, dass in den USA mit einer Bevölkerung von rund 323 Millionen, zum Zeitpunkt der Studie, insgesamt 350 Millionen Menschen zusätzlich ernährt werden könnten, wenn alle tierischen Produkte durch pflanzliche Lebensmittel ersetzt würden. [38] Eine weitere Studie, die diesen Sachverhalt auf globaler Ebene betrachtete, kam zu dem Ergebnis: Wenn alle Menschen auf der Erde vegan leben würden, gäbe es genügend Nahrung für vier Milliarden Menschen zusätzlich, denn die Feldfrüchte würden unmittelbar der Ernährung der Menschen zugutekommen. [39]

Wir brauchen für Weideland keine Tiere

Normalerweise werden Weiden bewirtschaftet, indem Rinder, Schafe, Ziegen und andere Tiere auf diesen Flächen gehalten werden und sie abgrasen. Jedoch sind wir nicht auf Tiere angewiesen, um Weideland zu erhalten. Auch weitere Argumente sind nicht zu Ende gedacht, wie die Behauptung, Tiere könnten das Gras im Gegensatz zum Menschen als Nahrung verwerten und dienten letztlich uns Menschen wiederum als Nahrung:

  • 60 Prozent der Ackerfläche in der Schweiz dient zur Erzeugung von Tiernahrung für die Tierwirtschaft. [40]
  • Die meisten «Milchkühe» in der Schweiz fristen ihr Leben in Laufställen und 42 Prozent sogar in der (zweitweisen) Anbindehaltung – nicht auf der Weide. [41]
  • Rinder könnten alleine durch Gras nicht die nötige Energie erhalten, um die immensen Mengen an Milch und Fleisch zu «produzieren», die der Mensch fordert. Demnach besteht ihre Nahrung neben Gras und Heu zu einem Grossteil aus sogenanntem Kraftfutter (z. B. Getreide) und Silage (z. B. Mais und Soja) – somit Nahrungsmittel, die direkt vom Menschen verzehrt werden könnten.

Ein weiterer Nachteil der Weidehaltung liegt darin, dass Rinder die Grashalme nur teilweise abreissen und damit Gras und Wurzeln zu weiterem Wachstum anregen. Zwar führt die Beweidung auf neuem Grasland zu einer geringeren Anregung des Pflanzenwachstums, doch der Boden kann bereits nach wenigen Jahren kein CO2 mehr aufnehmen. Ab diesem Zeitpunkt wird so viel CO2 abgegeben wie zuvor aufgenommen wurde. Diese Sättigung ist nach etwa 30 bis 70 Jahren erreicht und dürfte beim Weideland in der Schweiz längst der Fall sein. [42]

Fazit: Wir brauchen keine Tiere, um Weideflächen zu bewirtschaften.

Techniken zur naturnahen Bewirtschaftung und pflanzlicher Kreislaufwirtschaft

Der vegane Ökolandbau bietet tierleidfreie und effektive Techniken:

  • Zum Beispiel kann Grünland mithilfe des «Cut & Carry»-Verfahrens gemäht und der Aufwuchs auf einer anderen Fläche als Mulch ausgebracht werden. Das Mähgut kann auch für die Kompostierung oder zur Gewinnung von biozyklischer Humuserde verwendet werden.
  • Auch Reststoffe, die bei der pflanzlichen Lebensmittelerzeugung entstehen (z. B. Stroh und Blätter) und teilweise als Tiernahrung in der Tierwirtschaft eingesetzt werden, könnten im veganen Ökolandbau kompostiert werden. Damit liesse sich der Kreislauf schliessen.
  • In Gegenden, in denen das Grünland nicht erhalten werden muss, kann es durch Aufforstung zu Wäldern umgestaltet werden. Die natürliche Vegetation und die Ökosysteme können auf diese Flächen zurückkehren, und Moore können renaturiert werden. Diese weithin bekannten Flächenumwandlungen leisten einen positiven Beitrag zu Biodiversität. [43]

Rinder wandeln Gras nicht in Nahrungsmittel um

Ein weiteres irreführendes Argument besagt, dass wir angeblich Rinder brauchen, da für eine Einheit direkt essbare Pflanzenbestandteile vier nicht-essbare Pflanzenbestandteile anfallen und Rinder diese in Nahrung umwandeln würden. Allerdings ist auch diese Behauptung nicht stimmig.

Einerseits ist das dargestellte Verhältnis nicht korrekt, da in der Berechnung ein grosser Teil Gras eingeflossen ist. Gras ist jedoch kein Nebenprodukt der für Menschen angebauten Pflanzen und darf somit in dieser Rechnung nicht berücksichtigt werden.

Kuh
Wir brauchen keine Tiere, um die nicht-essbaren Pflanzenbestandteile zu verwerten.

Auch wurden Zwischenkulturen in der Fruchtfolge miteinbezogen, obwohl diese je nach Art von Menschen gegessen werden können (z. B. Hülsenfrüchte, Lupine). [44] Die nicht-essbaren Bestandteile können teilweise für die Düngung oder die Energiegewinnung im veganen Ökolandbau verwendet werden. Zudem werden neue Verfahren entwickelt, um diese Bestandteile zur Herstellung von pflanzenbasiertem Fleisch zu nutzen. [45]

In die Berechnung sind darüber hinaus Nebenprodukte der Verarbeitung eingeflossen (z. B. Raps- und Sojaextraktionsschrot), obwohl diese bereits seit langer Zeit für den menschlichen Konsum verwendet werden, etwa zur Brotherstellung, als Fleischalternativen oder als Proteinpulver.

Wir brauchen keine Tiere, um die nicht-essbaren Pflanzenbestandteile zu verwerten, denn es gibt dafür ausgezeichnete Verwendungsmöglichkeiten.

Preisanstieg der Lebensmittel verschärft den Hunger

Dass Menschen Hunger leiden, liegt nicht zwingend daran, dass es in den betroffenen Gebieten keine Lebensmittel gibt. Oftmals können sich die Betroffenen diese Lebensmittel schlichtweg nicht leisten. Die Getreide- und Sojapreise steigen seit Jahren an – unter anderem aufgrund der hohen Nachfrage der Tierwirtschaft. Durch eine Umstellung auf eine vegane Welt würden enorme Mengen an Nahrungsmitteln für den direkten menschlichen Konsum verfügbar werden. Getreide und Soja würden preiswerter und für Menschen mit geringerem Einkommen wieder bezahlbarer sein. Auch würde der Anreiz entfallen, hohe Mengen an Getreide- und Sojaernten in Industriestaaten zu exportieren. Diese Nahrungsmittel wären daher in grösserer Menge direkt in den Anbauländern erhältlich – und das zu günstigeren Preisen.

Der Lösungsansatz: Förderung des veganen Ökolandbaus

Durch einen globalen Wandel hin zu einer veganen Landwirtschaft würden enorme Flächen für den Anbau menschlicher Nahrung verfügbar werden. Diese zusätzliche Nahrung würde einen direkten Beitrag zur Bekämpfung des Welthungers leisten. Laut Dr. Marco Springmann von der University of Oxford stünden rund 3,3 Milliarden Hektar mehr Land zur Bewirtschaftung zur Verfügung, wenn es keine sogenannten Nutztiere mehr gäbe. Dies entspricht einer Fläche, die grösser als der afrikanische Kontinent ist, der wiederum dreimal so gross ist wie Europa. In der genannten Fläche von 3,3 Milliarden Hektar ist nicht einmal das Land enthalten, auf dem Nahrung für die Tiere in der Tierwirtschaft angebaut wird – diese Flächen würden zusätzlich entfallen. [46] Eine tierfreie Landwirtschaft würde dazu führen, dass auch Weide- bzw. Grünflächen frei werden. Diese Flächen sollten allerdings nicht für den Anbau zusätzlicher Nahrungsmittel zu Ackerland umgewandelt werden. Das wäre bei einem rein pflanzlichen Ernährungssystem auch nicht nötig, denn die vorhandenen Ackerflächen reichen bereits voll und ganz aus, um alle Menschen auf der Welt mit Nahrung zu versorgen.

Entscheiden Sie sich für eine tierfreundliche Ernährungsweise

Jedes noch so grosse Engagement zur Bekämpfung des Welthungers bleibt erfolglos, wenn wir unser Handeln und unsere Essgewohnheiten nicht verändern. Denn mit unserem Konsum von tierischen Produkten wie Fleisch, Fischfleisch, Milch und Eiern halten wir das Ungleichgewicht zwischen dem globalen Norden und Süden aufrecht.

Die vegane Lebensweise gehört zu den wirkungsvollsten persönlichen Massnahmen, die jeder Mensch ergreifen kann, um den Hunger in der Welt zu beenden. Wir haben das Privileg, im Supermarkt entscheiden zu können, was wir in unseren Einkaufskorb legen – und stehen daher auch in der Verantwortung. Bitte verschwenden Sie keine Nahrung durch den Konsum tierischer Produkte, sondern stellen Sie Ihren Speiseplan um: Ernähren Sie sich vegan und geniessen Sie die Vielfalt der pflanzlichen Küche.

Unser Veganstart-Programm bietet eine Fülle an nützlichen Informationen, Tipps und schmackhaften Rezepten für Ihren Start in ein umwelt- und tierfreundliches Leben – probieren Sie es aus!