LEDER: FÜR TIERHAUT LEIDEN TIERE, MENSCHEN UND DIE UMWELT

Inhaltsverzeichnis:

Tiere bezahlen mit ihrem Leben

Für Schlachthäuser ist die Haut von Tieren wie Kühen, Büffeln, Pferden, Schafen, Lämmern, Ziegen oder Schweinen neben dem Fleisch der Tiere das wirtschaftlich wichtigste Produkt. [1] Vor ihrem gewaltsamen Tod im Schlachthaus müssen diese Tiere zahlreiche Grausamkeiten über sich ergehen lassen: Rinder werden weltweit betäubungslos kastriert und in einigen Ländern unter höllischen Schmerzen gebrandmarkt. Ihre Schwänze und Hörner werden häufig gestutzt. Auf ihrem letzten Weg im Tiertransporter werden sie unter Angst und Panik, dicht zusammengepfercht, oftmals unter Hunger, Durst und extremen Temperaturen zum Schlachthaus gebracht. In Billiglohnländern wie China, Indien, Brasilien oder Bangladesch wird die Tötung bei einem Grossteil der Tiere ohne Beachtung wirksamer Tierschutzgesetze durchgeführt. Aber auch in Ländern wie Deutschland erleben jedes Jahr Hunderttausende Kühe ohne Betäubung und bei Bewusstsein, wie sie ausbluten und ihre Haut vom Körper geschnitten wird.

2020 veröffentlichten PETA Deutschland und der Journalist Manfred Karremann Aufnahmen, die zeigen, wie Rinder für die Produktion von Leder von Brasilien bis in die Türkei, den Iran oder den Libanon transportiert und dort getötet werden – darunter zahlreiche Tiere aus Europa. Während des Transports stehen sie wochenlang ohne ausreichend Nahrung und Wasser in ihrem eigenen Kot und Urin. Geschwächte Tiere, die nicht mehr stehen oder gehen können, werden mit Gewalt von Transportern gezerrt und beim Entladen von Schiffen sogar an einem Bein hängend mit Kränen von Bord gehievt.

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Generell sind bei der Lederkennzeichnung weder Angaben über die Tierart, das Herkunftsland des Tieres noch Informationen über die benutzten Chemikalien eines Lederproduktes vorgeschrieben. Auch Siegel wie «Made in Italy» beziehen sich ausschliesslich auf den Ort der Verarbeitung und geben keinerlei Auskunft über die Herkunft der verwendeten Materialien. Ein Lederwarenhersteller aus Italien, der Leder aus Asien oder Indien verarbeitet, hat das Recht, «Made in Italy» auf seine Etiketten zu drucken.

Da die Haut des Tieres logischerweise seine Körperform aufweist und nicht quadratisch wie die meisten «Endprodukte» ist, fällt bei der Verarbeitung von Leder durchschnittlich zwischen 30 und 45 Prozent sogenannter Verschnitt an, der meist entsorgt oder zu Tierfutter verarbeitet wird. [2] Auch Narben von Mückenstichen, Sonnenbrand oder Kampfwunden sowie Unebenheiten auf der Haut werden abgeschnitten und entsorgt.

Leder ist ein Umweltsünder

Der Grossteil des Leders wird in Entwicklungsländern gegerbt, in denen es so gut wie keine Umweltstandards gibt und Löhne besonders gering sind. Das bestätigt auch die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO). [3]

In den Gerbereien wird mit hochgiftigem und schwer recycelbarem Chrom gearbeitet. 85 Prozent der weltweit verkauften Lederprodukte werden hiermit haltbar gemacht. Auch Stoffe wie Formaldehyd, Schwefelsäure und Natriumsulfat werden eingesetzt und verursachen eine enorme Schadstoffbelastung in den örtlichen Gewässern, die Lebensräume für Tiere und Menschen nachhaltig zerstört. [4]

Auch die Haltung der Tiere ist mit Umweltzerstörung verbunden, denn für den Anbau von Futtermitteln und zur Erschliessung neuer Weideflächen für die Tiere werden enorme Waldflächen gerodet. Zusätzlich enthalten die Ausscheidungen der Tiere grosse Mengen an Methan, das sich erheblich auf den Klimawandel auswirkt.

Die Lederindustrie missachtet Menschenrechte

Da die Gerbung in Billiglohnländern mit geringsten Umweltstandards erfolgt, werden auch Menschenleben gefährdet. Davon sind nicht nur die Arbeiter betroffen, die in den Gerbereien oftmals ohne jegliche Schutzkleidung arbeiten, sondern auch die Konsumenten der Endprodukte. Chrom III reagiert häufig mit der Umwelt, wodurch Leder und Lederprodukte oftmals mit Chrom IV belastet sind. Diese Substanz ist krebserregend und allergieauslösend. So leiden viele Menschen, die sich in oder in der Nähe von Gerbereien aufhalten, häufig an Hautausschlägen, Asthma, Lungenkrebs oder Leukämie. [5] Das europäische Schnellwarnsystem RAPEX informiert immer wieder über hohe Chrom-VI-Belastungen in unterschiedlichsten Lederprodukten aller Preisklassen – vom Kinderschuh bis hin zur Markenjacke. [6, 7] Hinzu kommen Kinder- und Zwangsarbeit sowie Menschenhandel.

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Indien: Arbeiter stehen in den giftigen Chemieädern einer Gerberei.
© Dan Watch

Exotenleder – Gefahr für eine neue Pandemie

Selbst exotische Tiere wie Krokodile und Alligatoren werden für die Produktion von Leder auf Farmen gezüchtet und ihrer Haut wegen getötet. Die Schweiz ist der weltweit grösste Umschlagplatz für Exotenleder. Die Häute der Tiere werden insbesondere von der Uhrenindustrie verarbeitet und in die ganze Welt verkauft. [8] Die Zucht und Tötung der Tiere zur Herstellung von Uhrenarmbändern, Handtaschen oder anderen «Luxus»-Modeartikeln bedeutet ein Leben unter unhygienischen Bedingungen, Dunkelheit und vor allem einem grausamen Tod. Bei ihrer Tötung werden die Exoten gefesselt. Dann wird ihnen bei lebendigem Leib das Genick aufgeschnitten und ein Metallstab in die Wunde gerammt, um das Gehirn oder die Wirbelsäule zu zerstossen. Diese Zustände zeigen, dass auch die Exotenleder-Industrie eine tickende Zeitbombe für eine Vielzahl an pathogenen Krankheitserregern wie das West-Nil-Virus und damit ein Risiko für weitere Zoonosen darstellt.

Leder aus der Schweiz

In der Schweiz gibt es heute kaum noch Gerbereien, weshalb die hiesigen Tierhäute exportiert werden und das in der Schweiz verkaufte Leder fast ausschliesslich aus dem Ausland stammt. [9, 10] Dies liegt in der wirtschaftlichen Rentabilität, die in der Schweiz aufgrund hoher Personalkosten im Gerbprozess und hoher Umweltauflagen erschwert wird. Ein Label für Schweizer Leder gibt es nicht und wäre aufgrund der mangelnden Gerbereien auch nicht umsetzbar. Ganz gleich, ob Rinder aus ökologischer Haltung stammen und ihre Häute in Gerbereien in der Schweiz oder in Brasilien verarbeitet werden: Für die Produktion von Leder wird immer ein Tier gewaltsam getötet.

Es ist speziesistisch, Tiere wegen ihrer Haut zu töten

Würden Sie Schuhe, Gürtel, Taschen, Accessoires oder Möbel aus Katzen- oder Hundeleder kaufen? Wahrscheinlich nicht. Im Gegensatz dazu erachten viele Menschen Produkte aus der Haut von Büffeln und Rindern sowie teilweise auch von Schlangen und Krokodilen jedoch als unproblematisch. Diese Unterscheidung zwischen fühlenden Lebewesen entspricht dem Prinzip des Speziesismus.

Die Diskriminierung bestimmter Tierarten nach ihrem vermeintlichen «Nutzen» für den Menschen ist speziesistisch. Sie basiert auf einer jahrhundertealten willkürlichen Kategorisierung von Lebewesen, bei der einigen Tierarten ein höherer Stellenwert zugeschrieben wird als anderen. Wir vergessen jedoch oft, dass auch Menschen Tiere sind. Wir haben kein Recht, uns anderen Spezies überlegen zu fühlen und sie auf dieser Grundlage auszubeuten – sei es, sie als Kleidung zu tragen, Experimente mit ihnen durchzuführen, sie zu essen oder zu unserer Unterhaltung zu missbrauchen. Tiere sind genau wie wir Menschen empfindungsfähige Lebewesen, die ein glückliches und möglichst selbstbestimmtes Leben führen wollen.

Mit unserem Konsumverhalten nehmen wir Einfluss darauf, wie es unseren Mitgeschöpfen ergeht. Wenn es um unsere Ernährung und die Materialien für unsere Bekleidung und Accessoires geht, bieten vegane Alternativen die einzig ethisch vertretbare und tierleidfreie Lösung.

Was Sie tun können

Das immense Leid der Tiere für die Produktion von Leder ist vermeidbar, denn wir haben heute zahlreiche nachhaltige und tierleidfreie Alternativen, wie Kork, Ananasleder und qualitativ hochwertiges Kunstleder. Achten Sie nicht nur beim Kauf von Kleidung, sondern auch bei der Innenausstattung Ihres Autos und beim Kauf neuer Möbel darauf, dass keine Tierhäute verarbeitet wurden.