Reptilien leiden für Schweizer Uhrenarmbänder aus Exotenleder

Bei der Produktion von Uhrenarmbändern in der Schweiz wird gerne Exotenleder verwendet. Aufgrund ihrer Musterung und der geschmeidigen Struktur ist besonders die Haut von Reptilien wie Alligatoren, Krokodilen und Echsen gefragt. Die Nachfrage nach Schweizer Luxusuhren auf dem Weltmarkt stieg von 2000 bis 2019 beinahe um das Vierfache. [1]

Diese Entwicklung hat dramatische Folgen für die Tiere: Je mehr Luxusuhren gehandelt werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass auch die Verkaufszahlen exotischer Uhrenarmbänder steigen. Für die Reptilien, die zur Herstellung von Accessoires gejagt, gezüchtet, eingesperrt, unter grossen Schmerzen getötet und oftmals lebendig gehäutet werden, bedeutet das im Umkehrschluss nur eines: Immer mehr Tiere leiden unter schlimmsten Bedingungen, um als vermeintlich «luxuriöses» Modeaccessoire und Bekleidungsstück zu enden.

Schweizer Uhrenindustrie grösster Abnehmer von Exotenleder

Die Schweiz gilt als weltweit grösster Umschlagpunkt für den internationalen Handel mit Reptilienleder – Hauptabnehmer ist die Uhrenindustrie. [2] Pro Jahr werden allein in der Schweiz mehr als eine Million Lederstücke zu Uhrenarmbändern verarbeitet. [3] Der grösste Teil davon ist sogenanntes «Krokoleder», ein Sammelbegriff, der sowohl die Haut von Krokodilen als auch Kaimanen und Alligatoren vereint. Allein 2013 wurden rund 730‘000 Kaiman-Häute global gehandelt [2] – viele davon waren Importe in die Schweiz.

Krokodile werden getötet für ihre Haut
Jährlich werden werden Millionen exotischer Tiere ihrer Häute wegen getötet.

Importerlaubnis sagt nichts über Tierleid aus

Die Importkontrolle nach dem Artenschutzabkommen CITES richtet sich ausschliesslich danach, ob die eingeführte Haut von bedrohten Tierarten stammt – und selbst dies kann durch Korruption und Schmuggel in den Ursprungsländern nicht einwandfrei sichergestellt werden. [4] Über die Herkunft sowie Haltungs- und Tötungsbedingungen der Tiere gibt die Zulassung von Exotenleder für die Schweiz keinerlei Auskunft. Deshalb glauben manche Importeure, dass Produkte, die nach CITES in die Schweiz eingeführt werden dürfen, frei von Tierleid wären. Das ist falsch. Der internationale Handel mit Exotenhäuten für beispielsweise Uhrenarmbänder steht für maximales Tierleid: Für jedes Stück Haut stirbt ein Tier auf qualvolle Weise, das oftmals ausschliesslich zu diesem Zweck aus dem Ei geschlüpft war.

Viele Exotenhäute aus illegalen Wildfängen und Zuchtfarmen

Die Herstellung von Modeaccessoires führt zu einer regelrechten Plünderung der Natur und der damit verbundenen Gefährdung potenziell bedrohter Arten. Zudem stammen vor allem Krokodil- und Echsenhäute aus Tierfarmen, die vor allem in Ländern mit niedrigen Tierschutzstandards angesiedelt sind, beispielsweise in Südostasien und in Teilen Afrikas. Einziger Sinn und Zweck solcher Farmen ist es, vor allem Alligatoren und andere Krokodilarten für Leder, Fleisch und Eier zu züchten. [2] Die Tiere leben zu Tausenden in kargen Betonbunkern mit stinkendem, trübem Wasser, meist ohne medizinische Versorgung und die Möglichkeit, ihren natürlichen Verhaltensweisen nachzugehen. Die unhygienischen Haltungsbedingungen in Kombination mit der hohen Zahl an eng eingepferchten Tieren stellen nicht nur für die Reptilien ein massives Gesundheitsrisiko dar. Alligator- und Krokodilfarmen sind wahre Brutstätten für Zoonosen – also Krankheiten, die sich vom Tier auf den Mensch übertragen und Pandemien, wie die COVID-19-Pandemie, begünstigen können.

US-Krokodilfarmen – kaum gesetzliche Vorgaben für Tierwohl

Mehr als 90 Prozent des Exotenleders für die Schweizer Uhrenbranche stammt aus den USA. [5] Die Tiere leben in industriellen Tiermast- und Aufzuchtbetrieben, die speziell für die Exotenlederindustrie betrieben werden. Dort werden Alligatoren nicht als Lebewesen mit arteigenen Bedürfnissen angesehen, sondern zu reinen «Rohstoffquellen» degradiert. Die gesetzlichen Vorgaben zur Tierhaltung auf Alligatorenfarmen zielen in erster Linie auf Sicherheits- und Hygieneaspekte ab, wie beispielsweise die Wassernutzung, Vorschriften zur Umzäunung der Gehege oder zum Einsatz von Medikamenten. [2] Bezüglich des Tierwohls gibt es nur Empfehlungen, die nicht rechtlich bindend sind.

Verarbeitung in einer Alligatorenfarm
Für jedes Produkt aus Exotenleder musste ein Tier extreme Qualen leiden und einen gewaltsamen und blutigen Tod sterben.

Unmengen an Alligatoren in vollkommener Finsternis

Dass sich die Exotenlederindustrie nicht um das Wohlergehen der Tiere sorgt, sondern nur an ihrer Profitmaximierung interessiert ist, zeigt ein Blick auf die gesetzlich vorgeschriebene Gehegegrösse: Umgerechnet steht einem Alligator mit ca. 61 cm Körperlänge eine Gehegefläche von 30 cm² zur Verfügung. [2] Mit zusätzlicher Körperlänge der Tiere staffelt sich der gesetzliche Platzanspruch unwesentlich. Die Haltung der Alligatoren ist somit artwidrig.

Die Haltung der von Natur aus einzelgängerischen Krokodilunterarten führt bei den Tieren zu Aggressionen und Bissattacken. Um dies möglichst zu minimieren, werden die Alligatoren in hoher Zahl dauerhaft im Gebäudeinneren gehalten – in absoluter Finsternis und ohne Sonnenlicht. [2, 5] Der Entzug der UV-Strahlung lässt ihre Haut dünner werden – möglich, dass dies für die Lederproduktion beabsichtigt ist. Jungtiere, die keine Nahrung aufnehmen, werden mit Spritzen zwangsernährt. Der Umgang mit den Alligatoren ist generell grob: Um sie zu sortieren, ihnen Medikamente zu verabreichen und sie für die Tötung vorzubereiten, werden sie eingefangen, was für die Tiere mit grossem Stress verbunden ist. Augenzeugen von PETA USA berichten von Arbeitern, die, teilweise ohne Schutzausrüstung, in dem stinkenden Wasser nach den verzweifelt um sich schlagenden Alligatoren suchten – blaue Flecken und Bisswunden waren die Folge.

Diese Art der Tierhaltung wäre in der Schweiz verboten – dennoch werden Alligatorenhäute aus US-Zuchtfarmen importiert und hierzulande zu Uhrenarmbändern verarbeitet.

Tötung der Alligatoren mit Bolzenschussgerät und Genickbruch 

In Freiheit können Mississippi-Alligatoren ein Alter von bis zu 50 Jahren erreichen. In den zumeist in den Südstaaten der USA angesiedelten Zuchtfarmen hingegen werden die Tiere nach etwa drei Jahren bzw. mit Erreichen einer Körperlänge von etwa 1,8 Meter getötet. [2] Hierzu werden sie auf einer Schlachtbank fixiert und mit einem Bolzenschussgerät betäubt. Dann wird das Genick der Reptilien mit einer Art «Stemmeisen» gebrochen und ihr Gehirn mit einer Metallspitze durchbohrt. In manchen Fällen schlägt die Betäubung fehl, und die Alligatoren erleben die Tötung bei vollem Bewusstsein.

Augenzeugen von PETA USA konnten dieses unglaubliche Leid auf einer US-amerikanischen Alligatorenfarm dokumentieren und der Öffentlichkeit zugänglich machen. Ihre Aufnahmen zeigen Arbeiter, die mit einem Bolzenschussgerät mehrmals in den Kopf der Tiere schiessen und ihr Genick anschliessend mit einem Teppichmesser aufschneiden. Viele der Alligatoren überleben diese Tötungs- und Betäubungsversuche und winden sich minutenlang vor Schmerzen, während sie ausbluten und ihren aussichtslosen Todeskampf verlieren.

WAS SIE TUN KÖNNEN

Das oft mit dem Swissness-Label versehene Leder sagt nichts darüber aus, wie die Tiere gehalten oder getötet wurden. Als grösster Handelsplatz für Exotenleder könnte die Schweiz mit ihrer Gesetzgebung weltweit Einfluss nehmen und das Leid der Reptilien nachhaltig verringern.

Der Umstieg auf tierfreie Lederalternativen muss von Politik, Wirtschaft und Verbraucher:innen vorangetrieben werden. Einen ersten wegweisenden Schritt hat der Schweizer Luxusuhrenhersteller Greubel Forsey im Juni 2021 getan, indem er verkündet hat, ab dem 1. Januar 2022 weder Exotenleder noch andere Häute von Tieren für seine Uhrenarmbänder zu verwenden. Bis andere Marken diesem Beispiel folgen und ausschliesslich auf hochwertige vegane Lederalternativen setzen, können sich Verbraucher:innen mit jedem Kauf für tierleidfreie Alternativen entscheiden.

Viele Uhrenmodelle werden beispielsweise mit Edelstahl-, Textil- und Korkarmbändern angeboten. Auch vegane Ledervarianten , etwa aus Ananas-, Apfel-, Pilz- oder Kakteenleder, bieten neue Möglichkeiten, um die Struktur von Exotenleder nachzubilden, ohne dass dafür Tiere sterben müssen.

Sie haben es in der Hand: Helfen Sie den Tieren, und kaufen Sie keine Produkte und Modeaccessoires aus Exotenleder