Vogelkäfig: Lassen sich Vögel in einem Käfig artgerecht halten?

Vögel faszinieren uns seit Jahrhunderten mit ihrer Schönheit und ihrem friedlichen Gesang. Das veranlasst viele Menschen leider dazu, Vögel als sogenannte Haustiere in Käfigen oder Volieren einzusperren. Doch können Vögel in einem Käfig wirklich glücklich sein? In diesem Beitrag erhalten Sie wichtige Infos und Tipps zur Haltung von Vögeln.

Inhalte im Überblick

Ist die Vogelhaltung im Käfig Tierquälerei?

Obwohl wir Vögel derart bewundern und uns an ihnen erfreuen, schaden wir den Fluchttieren, wenn wir sie in Käfigen halten. Denn das Fliegen gehört für Vögel zum Leben wie für uns Menschen das Atmen. Wenn wir Vögel einsperren, rauben wir ihnen genau dieses Grundbedürfnis – zusammen mit all ihren anderen natürlichen Verhaltensweisen und Wünschen.

In freier Natur knabbern Vögel an Ästen und Blättern und fliegen jeden Tag kilometerweit. Einige Papageienarten legen pro Tag knapp 50 km zurück. Küstenseeschwalben gehören zu den sogenannten Zugvögeln und fliegen in einem Jahr fast 90 000 km. Viele Vogelarten leben unter natürlichen Bedingungen niemals alleine. Werden sie voneinander getrennt, rufen sie immer wieder nach ihren Artgenossen und leiden unter der Einsamkeit. Vogelarten wie Tauben ziehen ihre Kinder als Paar gemeinsam gross und bleiben ein Leben lang zusammen. Die Gemeinschaft in einem Schwarm gibt den sozialen Tieren Sicherheit – doch oftmals werden sie alleine gehalten. Ohne einen Partner entwickeln sie Verhaltensstörungen und werden krank.

Ein bunter Papagei sitzt auf einem Ast in einem Vogelkaefig.
Vögel gehören nicht in einen Käfig: ihnen das freie Fliegen zu verbieten, ist Tiermissbrauch.

Wer Vögel wirklich liebt, sperrt sie nicht ein, sondern beobachtet sie in freier Natur – wo sie hingehören. Heutzutage gibt es verschiedenste Apps, mit denen man das «Birding», also das Vogelbeobachten und Erkennen verschiedener Vögel in freier Natur, praktizieren kann. Auch Dokus bieten einen eindrucksvollen Blick in das Leben exotischer Vögel auf anderen Kontinenten. Sie vermitteln spannendes Wissen über das Verhalten der Tiere, das man bei Vögeln in Gefangenschaft so nicht beobachten kann.

Wer bereits einen oder mehrere Vögel zu Hause hält oder eine Adoption aus dem Tierheim in Erwägung zieht, sollte sich über die Haltungsanforderungen im Klaren sein. Je nach Vogelart können die Tiere mehrere Jahrzehnte alt werden. Dieser Verantwortung muss man sich bewusst sein und eine Adoption daher im Vorfeld gut abwägen. Vögel müssen täglich über einen längeren Zeitraum fliegen können, z. B. in einer grossen Voliere, einem Zimmer oder einem anderen sicheren, grossen Gehege.

Wie gross muss ein Vogelkäfig sein?

Je grösser eine Voliere, desto besser. Die schweizerische Tierschutzverordnung schreibt zwar Mindestmasse (Betonung auf «mindestens») für Volieren vor, die jedoch oftmals nicht ausreichend sind, um die Grundbedürfnisse der Tiere zu befriedigen. Eine Voliere oder ein eigenes Zimmer, das entsprechend auf die Vögel abgestimmt ist, sind für die Haltung adoptierter Tiere optimal. Dabei sollte immer beachtet werden: Je mehr Tiere es sind, desto grösser sollte die Fläche sein.

Leider sind im Handel immer noch sehr kleine Vogelkäfige oder runde Käfige und Volieren erhältlich. Beide Varianten sind KEINE artgerechte Unterbringung für die Vögel und sollten daher vermieden werden.

Zwei bunte Voegel sitzen auf einem Ast in einer Voliere.
Letztlich kann ein Käfig oder eine Voliere niemals den Ansprüchen von Vögeln vollständig gerecht werden.

Wie richte ich einen Vogelkäfig ein?

  • Laut der schweizerischen Tierschutzverordnung müssen eine Badegelegenheit sowie reichlich Naturäste als Nage- und Klettermöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dabei empfiehlt es sich, auf verschiedene Astgrössen zurückzugreifen, um die Zehen- und Fussmuskulatur der Vögel zu stärken und zu fördern.
  • Die Gehege sollten mit verschiedenen federnden Sitzgelegenheiten unterschiedlicher Dicke und Ausrichtung und geeignetem Sand zur Aufnahme von Parasiten aus dem Gefieder eingerichtet werden. Ein Drittel des Volumens der Voliere muss jedoch stets frei von Strukturen sein.
  • Vögel sind sehr neugierig und freuen sich über regelmässig neu angebrachte Äste und Klettermöglichkeiten. Auch Spielzeug aus Naturmaterialien, an dem sie sich nicht verletzen können, sind bei den Tieren beliebt.

Wie oft sollte ein Vogelkäfig gereinigt werden?

Der Vogelkäfig muss mindestens einmal täglich gereinigt werden, denn Essensreste und Kotverschmutzungen können den Tieren schaden. Das Trinkwasser sollte bestenfalls morgens und abends erneuert werden, bei Verschmutzung je nach Bedarf.

Zwei Voegel sitzen an einer Schale mit Nahrung.
Sie sollten den Vogelkäfig jeden Tag oberflächlich reinigen, um groben Schmutz zu entfernen.

Sollte der Vogelkäfig nachts abgedeckt werden?

Generell brauchen Vögel Nachtruhe. Es empfiehlt sich daher, den Raum abzudunkeln und im Vogelzimmer für eine ruhige Atmosphäre zu sorgen. Allerdings ist davon abzuraten, Vögel in Käfigen zu halten und diese in der Nacht abzudecken, denn der Sauerstoffaustausch könnte bei den Tieren massiven Stress auslösen. Zudem kann der Federstaub zu Problemen der Atemwege führen.

Vogelhaltung in der Schweiz: Kleine Käfige an der Tagesordnung

In über 40 000 Schweizer Haushalten werden Vögel gehalten, darunter Kanarienvögel, Wellensittiche und Zebrafinken. Gemäss einer 2023 veröffentlichten Befragung des Schweizer Tierschutzes (STS) leben zwei Drittel davon in Käfigen und Volieren in der Wohnung. Die traditionelle «Indoor-Käfighaltung» ist somit die am weitesten verbreitete Haltungsform in der Schweiz.

Im August 2023 sprach der Schweizer Tierschutz in einem Medienbericht von einem Notstand in der privaten Vogelhaltung in der Schweiz. Die Recherchen des STS zeigen alarmierende Zustände: Viele Käfige sind so klein, dass die Vögel nicht fliegen können. Meist haben die Tiere keinen Zugang zu natürlichem Sonnenlicht oder natürlichen Witterungseinflüssen und Reizen.

Ein weiteres Problem stellt die tierquälerische Einzelhaltung dar. Als soziale Tiere brauchen etwa papageienartige Vögel wie Graupapageien und Nymphensittiche zwingend artgleiche Partner, damit sie keine Verhaltensstörungen entwickeln oder sozial verkümmern. Aus diesem Grund ist es in der Schweiz auch gesetzlich verboten, diese Vögel einzeln zu halten. Laut der Befragung des STS leben trotzdem rund 20 Prozent der Tiere in Einzelhaltung – die Dunkelziffer liegt vermutlich deutlich höher. Ein Spiegel oder ein Mensch sind KEINE Alternativen für einen Artgenossen. Spiegel stellen keinen Partnerersatz dar – sie sind ungeeignet, führen zu einem einsamen Vogelleben und können massive Verhaltensstörungen auslösen. Daneben fehlt den eingesperrten Tieren auch geistige Anregung. [1]

Ein gelber Vogel sitzt auf einem Ast in einem Vogelkaefig.
Leider fehlt es vielen Vögeln in privater Haltung an Platz, Kontakt zu Artgenossen und geistiger Anregung.

Wenn eingesperrte Vögel natürliche Verhaltensweisen zeigen, sind viele Menschen überfordert, so etwa, wenn die Tiere beissen, mit Nahrung um sich werfen oder Artgenossen rufen. Häufig werden die Tiere dann völlig isoliert oder ausgesetzt. Im Jahr 2022 wurden laut dem STS insgesamt 588 Vögel in Schweizer Tierheimen und Auffangstationen abgegeben. [2]

Viele Menschen sind sich der Verantwortung nicht bewusst, die mit der Haltung der Tiere und ihren anspruchsvollen Bedürfnissen einhergeht. Oftmals wissen sie auch nicht, dass manche Vögel rund 30 Jahre alt werden können. Verläuft die Vogelhaltung dann anders, als man es sich vorgestellt hat, verlieren Menschen schnell das Interesse an den sensiblen Tieren. Vögel sollten niemals unüberlegt adoptiert oder in Zuchtbetrieben, im Zoohandel oder im Internet gekauft werden. Dies gilt übrigens für alle Tiere.

Vogelzucht führt zu leidenden und kranken Tieren

Für den Verkauf auf sogenannten Heimtiermärkten werden viele Vögel ihrem natürlichen Lebensraum entrissen – einige von ihnen sterben bereits auf den grausamen Transporten. Meist werden die Tiere in enge Röhren, winzige Boxen, Käfige oder behelfsmässige Transportboxbehälter gezwängt, in denen sie stundenlang ohne Nahrung und Wasser verharren müssen. Der Stress, den die Vögel dabei erleiden, führt dazu, dass sich Krankheitserreger leichter verbreiten können und die Tiere schneller daran erkranken. Meist leiden und sterben sie unbemerkt zwischen ihren Artgenossen. Diese sogenannten Verluste werden von den Verantwortlichen jedoch wissentlich in Kauf genommen, denn es geht ihnen ausschliesslich um den Profit – das Individuum zählt nicht.

Neben Vögeln, die in der Natur gefangen werden, werden für den Heimtiermarkt auch zahllose Vögel in Gefangenschaft gezüchtet und häufig in Lagerhallen, Scheunen oder Schuppen aufbewahrt. Dort «lagern» Hunderte oder gar Tausende Vögel verschiedener Arten sowie andere Tierarten. Oft leben sie inmitten ihrer eigenen Ausscheidungen und haben kaum Platz, um sich zu bewegen, geschweige denn zu fliegen. Bei vielen Tieren löst die Gefangenschaft aggressives Verhalten oder schwere Depressionen aus. Einige verstümmeln sich selbst oder ihre Artgenossen.

Das Leben in Gefangenschaft ist für Vögel wie eine Todesstrafe, denn in Gefangenschaft können sie nicht fliegen. Das ist Tierquälerei und beraubt die beeindruckenden Tiere der Möglichkeit, ihren natürlichen Verhaltensweisen nachzugehen. Tiere in Gefangenschaft werden nicht artgerecht gehalten. Viele von ihnen leiden unter chronischem Stress und stereotypen Verhaltensmustern. Sie wackeln ständig mit dem Kopf, beissen in die Gitterstäbe ihrer Käfige, zittern, brechen zusammen, reissen sich die Federn aus und verstümmeln sich selbst – manchmal sogar bis hin zum Tod.

WAS SIE FÜR DIE VÖGEL TUN KÖNNEN

Kaufen Sie niemals einen Vogel in einer Zoohandlung, einem Zuchtbetrieb oder im Internet. Falls in Ihrem Haushalt bereits ein Vogel lebt, versuchen Sie, die Lebensbedingungen des Tieres zu verbessern. Nehmen Sie hierzu einen weiteren Vogel der gleichen Art aus einer Vogelauffangstation oder einem Tierheim auf und erkundigen Sie sich über die konkreten Bedürfnisse der Tiere.