Der Bund veröffentlicht eine jährliche Statistik zu Tierversuchen in der Schweiz. Im Vergleich zum Vorjahr wurden drei Prozent mehr Tiere missbraucht und gequält – vor allem die Zahl der schwer belastenden Tierversuche ist erneut stark gestiegen.
Wieder mehr Mäuse vor allem in privaten Laboren missbraucht
In der Schweiz wurden 2021 insgesamt rund 575‘000 Tiere für Versuche missbraucht – also mit Absicht krank gemacht, vergiftet oder anderem Leid ausgesetzt. [1] Damit hat die Zahl erstmals seit fünf Jahren wieder zugenommen, um etwa drei Prozent im Vergleich zum Vorjahr (556‘107 Tiere in 2020), wie das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) berichtet. Besonders stark belastende Experimente mit Tieren sind massiv gestiegen. Ausserdem litten rund 20‘000 mehr Mäuse als im Vorjahr in der sinnfreien Grundlagenforschung. [1]
Während die Zahl der Experimente an Hochschulen, Spitälern und in der Industrie gleich hoch blieb, wurden in privaten Instituten mit rund 18‘000 Tieren deutlich mehr Tiere gequält. [1] In der offiziellen Statistik tauchen zudem Hunderttausende Tiere gar nicht erst auf, die als sogenannter Überschuss für Tierversuche gezüchtet und getötet werden.

31 % mehr Tiere in schwer belastenden Tierversuchen missbraucht
Zwar hat die Schweiz in den vergangenen Jahren in Massnahmen investiert, die das 3R-Prinzip (Replace, Reduce, Refine) verfolgen, mit dem Ziel, Tierversuche zu ersetzen und zu reduzieren. Die veröffentlichte Statistik widerspricht diesem Engagement jedoch, denn statt die Zahl der in Tierversuchen ausgebeuteten Tiere zu reduzieren, wurden mit 6‘040 Tieren 31 % mehr fühlende Lebewesen in schwer belastenden Experimenten gequält als im Vorjahr. Seit 2012 steigt die Anzahl der Tiere in mittleren und schweren Tierversuchen kontinuierlich an. [1]
Vor allem die starke Zunahme der Versuche mit dem Schweregrad 3 ist äusserst beunruhigend. Dieser geht mit schweren Belastungen, Schmerzen und Leiden für die Tiere einher, wie beispielsweise die Verpflanzung von aggressiven Tumoren.
Aussagekraft von Tiermodellen auf Übertragbarkeit auf den Menschen extrem begrenzt
Neben dem Einpflanzen von Tumoren in der Krebsforschung wurden auch im Bereich Neurologie viele schwer belastende Tierversuche durchgeführt, in der Hoffnung, Krankheiten wie Demenz oder Multiple Sklerose zu erforschen. Das Problem hierbei ist: Genau für diese Krankheiten ist die Aussagekraft von Tiermodellen und die Übertragbarkeit auf den Menschen äusserst begrenzt: 96,6 % der möglichen neuen Krebsmedikamente, die im Tierversuch erfolgreich getestet wurden, scheitern später in Studien mit Menschen. [2] Bei der Alzheimer-Demenz sind es sogar 99,6 % der neuen Behandlungen, die im Test mit Menschen durchfallen. [3]
Trotz positiver Ansätze keine Veränderung der realen Forschungsaktivitäten
Die Bestrebungen, Tierversuche in der Schweiz zu reduzieren und zu ersetzen, sind grundsätzlich lobenswert: 2018 wurde zum Beispiel das 3R-Kompetenzzentrum gegründet, mit dem Ziel, Tierversuche zu ersetzen, zu reduzieren oder mindestens schonender durchzuführen. 2021 wurde dann das Nationale Forschungsprogramm Advancing 3R – Tiere, Forschung und Gesellschaft ins Leben gerufen, ebenfalls, um Tierversuche zu reduzieren. Aber: Die Statistik zeigt: Auf die reale Forschungsaktivität hat das scheinbar keinen Einfluss. Es fehlen konkrete Schritte, um die Pläne in die Tat umzusetzen.

Jetzt Research Modernisation Deal für den geplanten Ausstieg aus Tierversuchen unterstützen
Wir von PETA Schweiz setzen uns seit Jahren für die Erarbeitung eines konkreten Ausstiegsplans ein und haben 2020 in Zusammenarbeit mit Wissenschaftler:innen der internationalen PETA-Partnerorganisationen den Research Modernisation Deal (RMD) veröffentlicht: einen Leitfaden für die Umsetzung einer längst überfälligen Ausstiegsstrategie aus Tierversuchen.
Der Fokus liegt hier auf der Förderung und Nutzung tierfreier, für den Menschen relevanter Methoden, statt weiter auf veraltete und unwissenschaftliche Methoden mit Tieren zu setzen.
Wir appellieren an die Schweizer Regierung, auch für die Schweiz solche konkreten Schritte zu planen und umzusetzen, um die Zahl der missbrauchten Tiere in Laboren nachhaltig zu reduzieren und schlussendlich abzuschaffen.
Helfen Sie dabei, das grausame Tierleid für Pelz und Foie gras zu beenden. Unterschreiben Sie für ein Importverbot für diese beiden Produkte!
-
QUELLEN
[1] Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (23.09.2022): Bericht Tierversuchsstatistik 2021, https://www.blv.admin.ch/blv/de/home/tiere/tierversuche/bericht-tierversuchsstatistik.html (eingesehen am 26.09.2022)
[2] Wong CH, Siah KW, Lo AW. Estimation of clinical trial success rates and related parameters. Biostatistics. 2019;20(2):273-286, https://doi.org/10.1093/biostatistics/kxx069 (eingesehen am 26.09.2022)
[3] Cummings JL, Morstorf T, Zhong K. Alzheimer’s disease drug-development pipeline: few candidates, frequent failures. Alzheimers Res Ther. 2014;6(4):37. Published 2014 Jul 3. doi:10.1186/alzrt269